Annemarie Renger gestorben - Sozialdemokraten verlieren eine große Politikerin

Veröffentlicht am 03.03.2008 in Aktuell

Annemarie Renger wird am 7. Oktober 1919 als fünftes Kind von Martha und Fritz Wildung in Leipzig geboren. Sie wächst in einer sozialdemokratisch geprägten Familie auf - ihr Vater ist bis 1933 führend in der Arbeitersport-Bewegung tätig.
1924 zieht die Familie nach Berlin, wo Annemarie Renger bis 1934 ein Lyzeum besucht und im Anschluß eine dreijährige Lehre im Verlagswesen macht. Nach der Kaufmannsgehilfenprüfung arbeitet sie bis 1945 als Stenotypistin. 1938 heiratet sie den Werbeleiter Emil Renger, der 1944 in Frankreich fällt. Aus dieser Ehe stammt der 1938 geborene Sohn Rolf. In zweiter Ehe ist sie seit 1965 mit Aleksandar Loncarevic (gest. 1973), bis 1957 Wirtschaftsattaché der jugoslawischen Botschaft in Bonn, verheiratet.

Annemarie Renger und Willy Brandt
Kurz vor Kriegsende verläßt Annemarie Renger zusammen mit ihrem Sohn, der Schwester und deren zwei Söhnen das umkämpfte Berlin und geht zu Verwandten des Vaters in die Lüneburger Heide.
Im Mai 1945 liest sie im „Hannoverschen Kurier" Auszüge einer Rede Kurt Schumachers. „Da war von einem demokratischen Neuaufbau die Rede und dem Lebensrecht auch dieses geschlagenen Volkes...Diese Sätze machten mir Mut." „Ich war beeindruckt. Gleich nach meiner Rückkehr in unsere Baracke in Visselhövede setzte ich mich hin, schrieb einen Brief an Kurt Schumacher und fragte an, ob ich bei ihm arbeiten könnte...Binnen kurzem war ich zu einem Gespräch nach Hannover eingeladen und machte mich schon bald auf den Weg dorthin.
Zum 15. Oktober 1945 nimmt Annemarie Renger ihre Tätigkeit bei Kurt Schumacher auf und bleibt bis zu dessen Tod am 20. August 1952 seine engste Mitarbeiterin und Vertraute.Im September 1953 wird Annemarie Renger über die Landesliste der SPD Schleswig-Holstein in den Bundestag gewählt, dem sie bis 1990 ununterbrochen angehört. Von 1969 bis 1972 ist sie eine der vier parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Von 1972 bis 1976 wird Annemarie Renger als erste Frau und als erste Sozialdemokratin zur Präsidentin des Deutschen Bundestags gewählt. In ihrer Antrittsrede erklärt sie: „Die Wahl einer Frau für dieses Amt hat verständlicherweise einiges Aufsehen erregt. Das Erstmalige und mithin Ungewohnte gerät in die Gefahr, zum Einmaligen und Besonderen erhoben zu werden. Damit wäre niemandem gedient...Ich meine, daß die Frauen unter den Mitgliedern des Hohen Hauses keine Ausnahmestellung wünschen.
1976 bis 1990 ist sie Bundestagsvizepräsidentin. Darüber hinaus ist sie von 1976 bis 1987 Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe.
1979 läßt sich Annemarie Renger von der SPD in die Pflicht nehmen und kandidiert - in aussichtsloser Position - gegen den Kandidaten der CDU/CSU, Karl Carstens, für das Amt des Bundespräsidenten.
Von 1959 bis 1966 ist Annemarie Renger Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarats und der Westeuropäischen Union.
Innerhalb der Partei gehört sie von 1961 bis 1973 dem Parteivorstand und von 1970 bis 1973 dem Präsidium der Partei an. Von 1966 bis 1973 ist sie Vorsitzende des Bundesfrauenausschusses der SPD.
Daneben ist Annemarie Renger u.a. als Vizepräsidentin bzw. Präsidentin des Deutschen Rats der Europäischen Bewegung , Vizepräsidentin der Europa-Union Deutschlands, als Vorsitzende des Deutschen Helsinki-Menschenrechtskomitees und als Vorsitzende des Arbeiter-Samariter-Bundes tätig. Von 1985 bis zu ihrem Tod war sie Vorsitzende der Kurt-Schumacher-Gesellschaft. (Quelle Archiv der Deutschten Sozialdemokratie, Bilder z.T. Deutscher Bundestag)

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